Software: SimX - Nadelantrieb - Vorbereitung - Aufgabenpraezisierung

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Aufgabenpräzisierung

Einordnung in den konstruktiven Entwicklungsprozess

Die Aufgabenstellung zur Entwicklung einer "Präge-Baugruppe für einen Brailleschrift-Drucker" wurde abgeleitet aus einem Projekt der firmeninternen Produktplanung zur Entwicklung eines hochwertigen Blindenschriftdruckers:

  • Die Produktplanung ist dem Konstruktionsprozess vorgelagert. Das Ziel der Produktplanung besteht in der Formulierung "optimaler" Aufgabenstellungen für den eigentlichen Konstruktionsprozess.
  • Wie auch im im nachfolgenden Konstruktionsprozess bedient man sich während der Produktplanung mehr oder weniger bewusst des Grundprinzips der natürlichen Evolution "Varianten-Generierung und Selektion", um im Sinne der "Gewinnmaximierung der Firma" zu optimalen Produktvorschlägen (Aufgabenstellungen) zu gelangen.
  • Letztendlich sollen nur diejenigen Produktvorschläge im Konstruktionsprozess weiter bearbeitet werden, welche unter Berücksichtigung aller bekannten Aspekte zu einem auf dem Markt erfolgreichen Produkt führen können (im Diagramm grün hervorgehoben):
    Grundlagen Entwurfsprozess - Produktplanung mit opt Aufgabenstellung.gif
  • Dieses Prinzip der Varianten-Generierung mit anschließender Selektion der besten Varianten (im Sinne der Gütekriterien) ist das universelle Optimierungsprinzip, auf dem der gesamte Evolutionsprozess in der Natur basiert.
  • In der Technik "züchtet" der Ingenieur mit diesem Optimierungsprinzip im übertragenen Sinne die geforderten optimalen Ergebnisse:
  1. Varianten-Erzeugung mit Hilfe von Kreativitätstechniken
  2. Varianten-Selektion mit Hilfe von Auswahl- und Bewertungsmethoden
  • Der gesamte Entwicklungsprozess ist durch ein ständiges Erzeugen und Auswählen von Varianten gekennzeichnet.

Aufgabenstellungen besitzen unterschiedliche Grade an Vollständigkeit, da sie sich auf Hauptmerkmale der angestrebten Lösung konzentrieren (Funktion, Fertigung, Kosten, ...):

  • Idealer Weise liegen Aufgabenstellungen in Form eines Lastenheftes vor (was in unserem Übungsbeispiel nicht der Fall ist!).
  • Die Aufgabenstellung stellt das Input-Dokument für den Konstruktionsprozess dar, welcher nach der vorgelagerten Produktplanung aktiv wird:

 

Produktplanung (vorgelagert)
:
Erarbeiten von Produkt-Ideen
    (in Form von Aufgabenstellungen)
 
Pfeil nach unten gruen.gif
 
 
AUFGABENSTELLUNG
 
 
(Lastenheft)
 
1. Aufgabenpräzisierung
:
Erarbeiten der Anforderungsliste (Pflichtenheft)
2. Konzeptphase
:
Festlegen der Prinziplösung
3. Entwurfsphase
:
Festlegen der Gestalt
4. Ausarbeitungsphase
:
Festlegen der Herstellungstechnologie
 
Pfeil nach unten gruen.gif
 
 
PRODUKT-
 
 
DOKUMENTATION
 

Anforderungsliste als zentrales Dokument der Aufgabenpraezisierung

Aufgabenpräzisierung ist die erste Phase des konstruktiven Entwicklungsprozesses:

  • Aus der Sicht des Aufgaben-Bearbeiters (Konstrukteur, Entwickler) erfordert die übergebene Aufgabenstellung ("Lastenheft") immer einer Ergänzung durch zusätzliche Informationen → das nennt man "Aufgabenpräzisierung":
  • Die "Anforderungsliste" ist das zentrale Dokument dieser Phase und wird vom Aufgaben-Bearbeiter erstellt.
  • Sie stellt ein Verzeichnis aller "Anforderungen" an die Lösung in der Sprache der konstruierenden Abteilungen dar. Begriffe der "Alltagssprache" des Aufgabenstellers (z.B. des Kunden) müssen dafür häufig erst in Begriffe einer eindeutigen technischen Spezifikation "übersetzt" werden!


Anforderungen werden unterteilt in Forderungen und Wünsche:

  • Forderungen:
    • Das sind die Anforderungen, welche unter allen Umständen erfüllt werden müssen (sonst wird die Lösung nicht akzeptiert!).
    • Sind immer gekennzeichnet durch quantitative Vorgaben:
      • z.B. Druckgeschwindigkeit ≥ 130 Zeichen/Sekunde (direkter Vorgabewert),
      • Qualitätsforderungen lt. Norm (z.B. Spritzwassergeschützt) (indirekte Vorgabewerte entsprechend der Norm)
  • Wünsche:
    • Das sind die Anforderungen, welche nach Möglichkeit berücksichtigt werden sollen.
      • Meist qualitative Vorgaben (im Sinne "möglichst klein, schnell, geräuscharm, ...").
      • Eventuell wird dafür ein begrenzter Mehraufwand akzeptiert.
      • Wünsche sind zu Wichten nach hoher, mittlerer und geringer Bedeutung


Aufgabenpraezisierung fuer das Uebungsbeispiel

Unteraufgabe für den Übungskomplex aus der Aufgabenstellung "Präge-Baugruppe für einen Brailleschrift-Drucker":

  • Es ist zu untersuchen, ob mit einem Elektromagneten ein Antrieb für eine Prägenadel realisierbar ist, sodass mindestens 130 Braillezeichen/s geprägt werden können:
    .
  • Mit einer einzelnen Nadel müsste man dafür ca. 1000 Punkte/s prägen. Eine Recherche zu Magnetantrieben ergab, dass die erforderliche Zykluszeit kaum realisierbar ist. In der zu untersuchenden Antriebsvariante ist deshalb ein Prägekopf mit einer Spalte aus 4 Präge-Nadeln vorgesehen.
  • Jede der vier Nadeln erhält einen eigenen Elektro-Magneten als Antrieb, welcher mindestens 260 Punkte/s prägen muss. Für einen Prägezyklus stehen damit 1/260 s = ca.3,8 ms zur Verfügung. Mit einem Sicherheitszuschlag von 0,2 ms sollte ein Nadel-Antrieb einen kompletten Prägezyklus in 3,6 ms vollenden können.
  • Für solch einen einzelnen Nadel-Antrieb ist eine grundlegende Dimensionierung so vorzunehmen, dass daraus die konkreten Fertigungsunterlagen für ein Versuchsmuster abgeleitet werden können.


Anforderungsliste für Präge-Nadelantrieb:


Forderungen

  • Vorgaben zum Wirkprinzip und zur Geometrie:
    .
    • Dimensionierung als "idealisierter" Topfmagnet.
    • Energieversorgung: Gleichspannung 24 V mit max. 1,5 A
    • Die Prägenadel soll starr mit dem Anker des Topfmagneten verbunden sein.
    • Masse einer Präge-Nadel: in den Simulationen soll ein Schätzwert von ca. 1 g verwendet werden (bis zur endgültigen Dimensionierung).
    • Die Wiederherstellung einer stabilen Nadel-Ruheposition nach dem Prägen ist durch eine vorgespannte "Rückholfeder" zu realisieren (Stoßbelastung in Ruhe max. 20 g → Erdbeschleunigung: g=9,81 m/s²)
  • Zeit für einen Prägezyklus: ≤ 3,6 ms (bei 130 Zeichen/s)
  • Außendurchmesser des E-Magneten: ≤ 20 mm
  • Standardpapier: 180 g/m² mit einer Papierdicke von 0,2 mm
  • Spezialpapiere: im Bereich von 100 g/m² bis 250 g/m² (Papierdicken von 0,1 mm bis 0,3 mm)
  • Nach dem Prägen in der 0,65 mm tiefen Matrize soll das Papier an dieser Stelle nur noch eine Dicke von 0,10 mm besitzen (Realisierung durch "Nadel-Anschlag")


Wünsche (gewichtet nach Reihenfolge)

  1. möglichst kleine Zykluszeit (um mehr Reserven für "unvorhergesehene" Prozesse zu erhalten)
  2. möglichst robuste Funktion im Rahmen zu erwartender Toleranzen (Fertigung, Material und Umgebungsbedingungen)
  3. möglichst kleines Magnetkreis-Volumen (Bauraum-Minimierung)