Software: SimX - Nadelantrieb - Geometrie und Waerme - Geometriemodell
Wichtig: Für die Arbeit in der aktuellen Etappe erzeugen wir in bewährter Weise eine Modell-Datei Etappe3_xx.isx aus der Modell-Datei Etappe2c_xx.isx (welche mit dem Bestwert konfiguriert wurde!).
Im Eisenkreis des Topfmagneten muss eine geeignete Spule untergebracht werden. Der ohmsche Widerstand und die Windungszahl dieser Spule bestimmen wesentlich die Funktion des Antriebs und sollen weiterhin konstruktive Basis-Parameter bleiben. Am Beispiel der Grobgeometrie des Elektro-Magneten soll gezeigt werden, wie man auf der Grundlage relativ vieler, nichtlinearer Zusammenhänge den Algorithmus für das zugehörige Verhalten eines Modell-Elementes entwickelt.
Hinweis zu R_Spule in CAD_Data:
- Bisher haben wir den Wert des wirksamen Drahtwiderstands direkt als Parameter Rel_Spule angegeben.
- Im Folgenden soll der Wert des aktuellen Drahtwiderstands R_Spule als Variable aus einem neuen Parameter R20_Spule und der aktuell wirksamen Temperatur T_Spule berechnete werden.
- Es wurde für diese Variable bewusst ein neuer Bezeichner vergeben, weil ein Umdefinieren eines Parameters (z.B. "Rel_Spule") in eine Variable gleichen Namens bisher im SimulationX-TypeDesigner immer zu Problemen führte!
Ergänzen des "CAD_Data"-Komponentenabschnitts → Siehe Auflistung zur Modell-Verfifizierung:
- Parameter:
- konstruktive Basis-Parameter, welche bei der Optimierung veränderbar sind (nur: d_Anker, d_Magnet, w_Spule, R20_Spule (Drahtwiderstand bei 20°C))
- stofflich-technologische "Konstanten" oder Modell-Koeffizienten, welche bei der Optimierung nicht verändert werden können
- Variable:
- konstruktive Größen (Maße/Bauteilspezifikation) oder Bewertungsgrößen, welche im Algorithmus des Verhaltens berechnet werden müssen
- zusätzlich erforderliche Zwischenergebnisse ergänzt man im Verlauf der Algorithmus-Entwicklung!
Erweitern des Algorithmen-Abschnitts um erforderliche Grundzusammenhänge:
- Dafür muss man die geometrischen Grundzusammenhänge in einer sequentiell berechenbaren Reihenfolge anordnen!
- Zum Lösen dieser Aufgabe hat sich das heuristische Prinzip der "Rückwärtssuche" (in der Literatur auch "Rückwärtsarbeiten" genannt) als günstig erwiesen:
Rückwärtssuche:
- Beginne am Ende bei den Ergebnissen und arbeite dich ausgehend vom Gesuchten nach vorn zu den Voraussetzungen.
- Zerlege bei Bedarf die Aufgabe in Teilaufgaben.
Entwickeln eines Algorithmus (nach dem Prinzip der Rückwärtssuche):
- Beginne mit der Zuweisung der Ergebnisgrößen am Ende des Algorithmen-Abschnitts.
- Entwickle schrittweise den Berechnungsweg zum Ausgangszustand (den "eingespeisten" Parameter-Werten) von unten nach oben zum Beginn des Algorithmen-Abschnitts.
Mit welcher Ergebnisgröße man beginnt, ist im Prinzip egal. Man darf nur keine Ergebnisgröße vergessen:
- Man sollte alle konstruktiven Größen (Maße/Bauteilspezifikation) oder Bewertungsgrößen als Variable definieren, bevor man mit der Entwicklung des Algorithmus beginnt (sofern diese Größen keine Parameter des Modells sind!). Damit hat man die Übersicht, welche Ergebnisgrößen noch zu berechnen sind.
- Man sollte mit irgendeinem "anschaulichen" Aspekt des Modells beginnen. Im Beispiel wählen wir den Wickelkörper der Spule, welcher mit einem Draht optimalen Drahtdurchmessers zu füllen ist.
- Meist ergibt sich nach Behandlung des zuerst gewählten Aspekts von selbst der nächste Aspekt, den man behandeln sollte.
- SimulationX umfasst den Sprachstandard Modelica® in der Version 3.x:
- Sämtliche Modelica-spezifischen Sprachkonstrukte sind unter www.modelica.org beschrieben.
- Der darüber hinaus verfügbare Funktionsumfang der Modellierungssprache von SimulationX ist im Hilfesystem beschrieben (Taste <F1>):
SimulationX-Hilfe > Modelica in SimulationX > FAQ > Modelica® in SimulationX - Erweiterungen und Einschränkungen > Operatoren, Ausdrücke und einfache mathematische Funktionen
Spulenwicklung
Der verfügbare Wickelraum sollte möglichst vollständig mit einem optimalen Spulendraht gefüllt werden. Berechnet werden muss dafür unter anderem der benötigte Drahtdurchmesser d_Draht. Diese Variable notieren wir auf der untersten Zeile des Algorithmen-Abschnittes, ohne vorläufig darüber nachzudenken, wie man sie berechnet:
d_Draht :=
Ausgegangen wird von der Dimensionierungsgleichung für einen ohmschen Widerstand bei 20°C:
Die Dimensionierungsgleichung stellen wir nach d_Draht um und ergänzen damit unsere Algorithmus-Anweisung:
d_Draht :=sqrt(4*rho_Cu*L_mittel*w_Spule/(pi*R20_Spule));
Die noch nicht definierten Anweisungskomponenten rho_Cu und L_mittel definieren wir anschließend sofort als Parameter bzw. Variable.
Eine Analyse der rechten Seite der Ergibt-Anweisung zeigt, dass alle Komponenten außer L_mittel bereits einen Wert besitzen, weil es sich um Parameter oder vordefinierte Konstanten handelt. Die noch zu berechnenden Größen (hier nur L_mittel) schreibt man als nächstes im Algorithmus über die betroffene Anweisung, ohne vorläufig darüber nachzudenken, wie man sie berechnet:
L_mittel :=
Die mittlere Windungslänge kann man als Mittelwert zwischen äußerster und innerster Windung berechnen:
Mit diesem Zusammenhang vervollständigen wir unsere Berechnungsanweisung und ergänzen für die benötigten Hilfsgrößen L_innen und L_aussen die Variablendefinition:
L_mittel :=0.5*(L_innen+L_aussen);
Durch Anwendung des erläuterten Prinzips der Rückwärtssuche ergeben sich die nächsten beiden Anweisungen infolge der Zusammenhänge zwischen Windungslänge und Windungsdurchmesser:
L_innen :=pi*d_innen; L_aussen :=pi*d_aussen;
Die nächsten beiden Zeilen enthalten die Berechnung der innersten und äußersten Windungsdurchmesser durch Nutzung der Zusammenhänge:
d_innen :=d_Anker+2*SpulWand; d_aussen :=d_innen+2*h_Wickel;
Die Wickelhöhe h_Wickel ist definiert durch die Geometrie des Eisenkreises:
h_Wickel :=0.5*(d_Magnet-d_Anker)-Wand-SpulWand;
Die Berechnung der Wandstärke Wand des Eisentopfes wäre im Schema der Rückwärtssuche als nächstes dran:
- An dieser Stelle unterbrechen wir jedoch das Schema, um die Geometrie des Wickelfensters abschließend zu bestimmen. Die Wandstärke berechnen wir erst anschließend unter Berücksichtigung des magnetischen Flussverlaufs im Eisen.
- Es fehlt noch L_Wickel für die Fläche A_Wickel des Wickelfensters.
Unter der Annahme, dass man das Wickelfenster mit dem Wickelfaktor k_Wickel vollständig mit Drähten des Durchmessers d_Draht füllt, gilt:
Umgestellt nach der Fläche des Wickelfensters ergibt sich:
Damit ergibt sich als benötigte Wickellänge:
Die resultierende Anweisung müssen wir im Algorithmen-Abschnitt nach der Berechnung von d_Draht platzieren:
L_Wickel :=pi*w_Spule*d_Draht^2/(4*k_Wickel*h_Wickel);
Flussverlauf im Eisen
Man sollte auf einen gleichmäßigen Querschnitt des Eisens im Flussverlauf achten:
- Die Querschnittsfläche ist vorgegeben durch die Kreisfläche des Ankers bzw. Kerns.
- Im Deckel des Eisentopfes breitet sich der Fluss näherungsweise radial aus. Hier ist der kritische Querschnitt die Mantelfläche im Loch (blau):
Die erforderliche Dicke Deckel ist
- da
Die zugehörige Anweisung kann innerhalb des Algorithmus ganz vorn angeordnet werden:
Deckel :=d_Anker/4;
Die Wandstärke Wand des Topfes ergibt sich aus der Gleichheit der Anker-Kreisfläche mit dem Wand-Kreisring:
nach Umstellung der Gleichung zu:
Auch diese Anweisung kann ganz vorn im Algorithmen-Abschnitt platziert werden:
Wand :=0.5*(d_Magnet-sqrt(d_Magnet^2-d_Anker^2));
Damit steht der Wert der Wandstärke für die Berechnung von L_Wickel der Spule zur Verfügung.
Laengen der Eisenabschnitte
Auch ohne Kenntnis der konkreten Geometrie war eine Abschätzung der Ankerlänge und der Gesamtlänge des Eisenweges in der vorherigen Etappe erforderlich. Diese beiden Anweisungen können wir nun löschen oder als Kommentar kennzeichnen:
// L_Anker :=d_Anker; // L_Eisen :=7*L_Anker;
Wir sind jetzt in der Lage, die erforderlichen Abmessungen exakter abzuschätzen und beginnen mit der Eisenweglänge. Diese ergibt sich näherungsweise wie folgt aus der Summe der einzelnen Eisenschnitte:
L_Eisen :=2*L_Anker+2*L_Kern+d_Magnet;
Die dafür benötigte Länge des Kerns lässt sich aus der benötigten Wickelbreite bestimmen:
L_Kern :=L_Wickel+2*SpulWand+Deckel-L_Anker;
Die Länge des Ankers ist so zu wählen, dass sich der Arbeitsluftspalt ungefähr an der Grenze des oberen Spulendrittels befindet, damit die Ankermasse bei hinreichend großem Fluss möglichst klein wird:
L_Anker :=1/3*L_Wickel+Deckel+SpulWand;
Daraus ergibt sich die Länge des Magneten
L_Magnet :=L_Anker+L_Kern+Deckel;
Die Reihenfolge dieser Anweisungen im Algorithmen-Abschnitt ist so zu wählen, dass zum Zeitpunkt der Abarbeitung jeweils alle Werte auf der rechten Seite der Zuweisung bekannt sind!
Achtung:
- Spätestens jetzt sollte man das Element MagnGeo im TypeDesigner Fertigstellen.
- Erscheinen dabei Fehlermeldungen in Hinblick auf Modellierungsfehler, so sollte man diese Fehler korrigieren.
- Nach dem Fertigstellen muss man das gesamte Modell speichern, damit die bisherige Arbeit sicher auf der Festplatte landet!
Elektrische Eigenschaften
Es muss unterschieden werden zwischen RSpule (für die aktuelle Betriebstemperatur) und R20Spule (bei 20°C).
Den aktuellen Spulenwiderstand bei ΔT="Temperaturdifferenz zu 20°C" berechnet man mit:
R_Spule :=R20_Spule*(1+kth_Cu*(T_Spule-20'°C'));
- kth_Cu=0.0039 1/K ist der Temperaturkoeffizient des ohmschen Widerstands des Kupferdraht.
Im SimulationX benutzt man ersatzweise die Einheit Allgemeine Größen > Reziproke Temperatur. - Die aktuelle Drahttemperatur T_Spule definieren wir als Parameter mit der Standardbelegung 100°C.
- In der Anweisung erfolgt automatisch die Umrechnung des Wertes T_Spule in Kelvin [K].
- Damit wir die 20°C ohne Umrechnung in Kelvin in der Anweisung benutzen können, müssen wir die Einheit wie angegeben ergänzen!
Geometrie des Spulenstreufeldes
- In relativ geschlossenen Magnetkreisen hat es sich bewährt, nur den Wickelraum der Spule für die Ausbreitung des Spulenstreufeldes zu berücksichtigen. Für Luftspulen ohne Eisenkreis bzw. mit vernachlässigbarem Eisen-Rückschluss müsste man jedoch den "unendlichen" Raum für die Ausbreitung des Spulenstreufeldes berücksichtigen.
- In unserem geschlossenen Topfmagneten verfügen wir erst jetzt über die konkreten Abmessungen des Hohlzylinder-förmigen Wickelkörpers. Diese verwenden wir als Parameter für den magnetischen Widerstand des Spulenstreufeldes:
- In Abhängigkeit von der konkreten Magnet-Geometrie erfolgt nun eine Anpassung der wirksamen Spulenstreuung.