Software: FEM - Tutorial - 2D-Bauteil - Elastostatische FE-Simulation

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Elastostatische Finite-Elemente-Simulation (Prinzip)

Nach über einhundert A4-Seiten Anleitung haben wir nun ein Gefühl dafür erhalten:

  1. dass man mittels Finite-Elemente-Simulation die Belastung eines mechanischen Bauteils analysieren kann,
  2. dafür unterschiedliche Software und Modell-Ansätze nutzbar sind und
  3. dass der Aufwand für den gesamten Analyse-Prozess von relativ gering bis extrem hoch reicht.

Abschließend zu diesem Einstieg in den Prozess der FEM-Analyse sollen nun die physikalisch-mathematischen Grundlagen auf einem qualitativen Niveau verdeutlicht werden.

  • Ausgangspunkt ist der reale Feder-Masse-Schwinger, der z.B. durch die Luft und die innere Reibung der Feder eine gewisse Dämpfung erfährt und den man durch eine äußere Kraft auf die schwingende Masse in seinem Verhalten beeinflussen kann:
    Software FEM - Tutorial - 2D-Bauteil - Elstostatik - Simple harmonic oscillator.gif
  • Das reale Objekt "Feder-Masse-Schwinger" kann man durch idealisierte Elemente mit konzentrierten Parametern (z.B. Punktmasse, Feder, Dämpfer, Einspannung, Kraftquelle) schematisch nachbilden. Diese Reduktion auf "konzentrierte Elemente" gelingt gut, wenn die Bauteile selbst als Funktionselemente im Sinne dieser "konzentrierten Elemente" benutzt werden (z.B. Schraubenfedern, Stoßdämpfer, Massestücke):
Software FEM - Tutorial - 2D-Bauteil - Elstostatik - Simple harmonic oscillator Modell.gif
  • Anhand dieser mechanischen Analogie zu elektrischen Netzwerken ergibt sich die gewöhnliche Differentialgleichung des gedämpften Einmassen-Schwingers mit einem Freiheitsgrad der Bewegung:
m · ü + c · ú + k · u = f(t)
m    Masse 
ü    Beschleunigung (a=dv/dt) 
c    Dämpfung 
ú    Geschwindigkeit (v=du/dt) 
k    Steifigkeit (Federkonstante) 
u    Verschiebung (Auslenkung) 
f(t) zeitlich veränderliche Kraft 

Die Terme der Gleichung beschreiben 3 Kraftwirkungen, deren Summe mit der Erregung f(t) (der Last) im Gleichgewicht steht:

Fm= m·ü  Trägheitskraft infolge Beschleunigung
Fc = c·ú   Dämpfungskraft infolge Geschwindigkeit
Fk = k·u   Rückstellkraft infolge Auslenkung

Wichtig:

  • Die Bewegungsgleichung beschreibt nur die zeitabhängige Auslenkung der Masse und keine Position!
  • Eine eindeutige Lösung der DGL für die zeitabhängige Position der Masse entsteht erst durch die Vorgabe der Position am masselosen Federende (z.B. in Form einer festen Einspannung).


Im Unterschied zur Netzwerk-Methode mit konzentrierten Elementen wird bei der Finite-Elemente-Methode das Innere von mechanischen Bauteilen in extrem viele Massepunkte (Knoten) diskretisiert, welche wechselwirkend über die Steifigkeit und Dämpfung des dazwischenliegenden Materials (Elemente) verbunden sind. Es ergibt sich daraus die folgende Ersatzschaltung (Beispiel-Netz aus Dreieck-Elementen):

Software FEM - Tutorial - Feldkopplung - ersatzschaltung mechanik.gif
  • Aus der Massedichte der Materialien und der Geometrie der Elemente ist die Masse eines jedes Elementes bestimmbar.
  • Diese Elementmasse wird so auf die Knoten des Elements verteilt, dass für jedes Element die Summe aller Knotenmassen gleich der Elementmasse ist und die Teilmassen den gleichen gemeinsamen Schwerpunkt besitzen wie das Element.
  • Werden Knoten von mehreren Elementen benutzt (der Normalfall), so ergibt sich ihre Masse als Summe aller anteiligen Elementmassen.
  • Jeder Knoten ist über Feder-Dämpfer mit allen seinen Nachbarn verbunden (Bei Viereck-Elementen verlaufen z.B. auch über die Viereck-Diagonalen Feder-Dämpfer).
  • Die Steifigkeit (Federkonstante) einer diskreten Feder ergibt sich aus der Element-Geometrie und den Materialeigenschaften (E-Modul). Analog gilt dies für die diskreten Dämpfer.
  • Kraftvektoren (Lastvektoren) greifen direkt an den einzelnen Knoten an und widerspiegeln den Einfluss der Netzumgebung (angedeutet mit FK(t) an Knoten mK).
  • Randbedingungen bestimmen die Positionen oder Verschieblichkeitseinschränkungen einer Knoten-Teilmenge (angedeutet als "Einspannung" eines Knoten).


Die Bewegungsgleichung für den Einmassen-Schwinger begegnet uns nun verallgemeinert für Mehrmassen-Schwinger als Matrizen-Gleichung:

[M] · {ü} + [C] · {ú} + [K] · {u} = {F(t)}
[M]    Massenmatrix 
{ü}    Beschleunigungsvektor 
[C]    Dämpfungsmatrix 
{ú}    Geschwindigkeitsvektor 
[K]    Steifigkeitsmatrix 
{u}    Verschiebungsvektor mit jeweils den max. 6 Freiheitsgraden der Bewegung 
{F(t)} Kraftvektor (Lastvektor) 

Die Größe der Matrizen und Vektoren wird durch die Anzahl der Knoten des Netzes bestimmt.

Wichtig:

  • Auch hier beschreiben die Bewegungsgleichungen nur die zeitabhängige Auslenkung aller Knoten und keine Positionen!
  • Eine eindeutige Lösung der DGL für die zeitabhängige Position aller Knoten entsteht erst durch hinreichend viele Randbedingungen einer Knoten-Teilmenge (in Form von Positionsvorgaben oder zur Einschränkung der Verschieblichkeit)

Mit den vollständigen Gleichungen ist eine Simulation der wechselwirkenden Zustandsänderung jedes Knoten im Zeitbereich möglich (=dynamischer Modellansatz). Aus Gründen des Berechnungsaufwandes begnügt man sich meist mit stationärer (statischer) Berechnung, deren Vereinfachungen im Folgenden beschrieben werden:

  • Modellansatz ohne Speicher für Bewegungsenergie (also ohne "Träge Masse").
  • Kräftwirkungen, die nur bei zeitlichen Änderungen der Primär-Ergebnisse wirksam sind, werden nicht berücksichtigt (z.B. Dämpfer in der Mechanik).
  • Die Last auf das Modell ist konstant.
  • Berechnet wird der Endzustand (eingeschwungener Zustand) nach Aufbringen der Last (Elastostatische Simulation).
  • Vom Einmassen-Feder-Schwinger bleibt nur noch die eingespannte Feder mit kontanter äußerer Kraft übrig → reduzierte "Bewegungsgleichung" k · u = F:
Software FEM - Tutorial - 2D-Bauteil - Elstostatik - Feder-Modell.gif
  • In Analogie dazu reduziert sich für die Strukturmechanik das Finite-Elemente-Modell auf ein Netz von Steifigkeiten zwischen den (masselosen) Knoten:
    Software FEM - Tutorial - Feldkopplung - ersatzschaltung mechanik statisch.gif
mit der zugehörigen reduzierten Matrizen-Gleichung:
[k] · {u} = {F}

Bei der FEM-Belastungsanalyse muss man unterscheiden zwischen Primär- und Sekundär-Ergebnissen. Wir betrachten formelmäßig dabei nur noch den statischen Fall:

  1. Primär-Ergebnisse werden direkt bei der Lösung des Gleichungssystems ausgerechnet, dass sind die:
    • Verschiebungen aller Knoten in Bezug auf den unbelasteten Zustand.
    Für das eindimensionale Feder-System wird dazu die Bewegungsgleichung nach der Verschiebung u umgestellt:
    u = F · k -1
    Analog dazu ist für das statische Finite-Elemente-Modell die Umstellung der Gleichung nach dem Verschiebungsvektor {u} erforderlich:
    {u} = {F} · [K]-1 ← die Steifigkeitsmatrix muss invertiert werden.
  2. Sekundär-Ergebnisse werden auf der Grundlage der Primär-Ergebnisse berechnet:
    • Absolute Positionen aller Knoten aus der Summe der Knoten-Positionen des unbelasteten Zustands und der Knoten-Verschiebungen im belasteten Gleichgewichtszustand.
    • Haupt- und Vergleichsspannungen in den Knoten bzw. den Gausspunkten sowie deren Interpolation über das Finite-Element.
    • Lagerkräfte (Auflagereaktionen)

Steifigkeitsmatrix

Steifigkeitsmatrizen spielen eine zentrale Rolle innerhalb der Finite-Elemente-Methode. Deshalb sollen ihre physikalische Bedeutung und ihre formelle Bildung im Folgenden qualitativ etwas näher betrachtet werden. Bei einem Bauteil-Modell muss man grundsätzlich unterscheiden zwischen den Element-Steifigkeitsmatrizen und der Gesamt-Steifigkeitsmatrix:

Element-Steifigkeitsmatrizen

Bei der Generierung des bei der FEM-Analyse zu lösenden Gleichungssystems wird zuerst für jedes Element eine Element-Steifigkeitsmatrix erstellt. Die Matrixgröße ist PxP, (P=Knotenzahl des Elements). Diese Matrix enthält die Zahlenwerte, welche die Steifigkeit des Elements repräsentieren. Man kann sich das stark vereinfacht wie Federn zwischen allen Element-Knoten vorstellen.

Die Zahlenwerte der Matrix werden aus den Abmessungen des Elementes und den Materialdaten berechnet:

  • Für ein Stab-Element (also ein gerades strichförmiges Element zwischen 2 Knoten als einfachster Fall) gehen in die Element-Steifigkeitsmatrix die Länge, die Querschnittsfläche und die Materialdaten (der Elastizitätsmodul) des Elements ein.
  • Für ein Balken-Element gehen in die Element-Steifigkeitsmatrix zusätzlich die Widerstandsmomente gegen Biegung entsprechend der Querschnittsform ein.


Gesamt-Steifigkeitsmatrix