Software: SimX - Nadelantrieb - Robust-Optimierung - Ausschuss-Problem

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Ausschuss-Minimierung (Experiment-Konfiguration)
Memo stempel.gif
  • Im vorhandenen Streubereich der Parameter muss der Antrieb sicher funktionieren.
  • D.h. alle in Form von Restriktionen beschriebenen Forderungen müssen eingehalten werden.
  • Wir streben eine Versagenswahrscheinlichkeit von Null an.

Hinweise:

  • Um die Ergebnisse der vorherigen Etappe nicht zu zerstören, erzeugen wir das Modell Etappe6_xx.isx als Kopie von Etappe5_xx.isx.
  • Teilnehmer der Lehrveranstaltung "Optimierung" benutzen wegen der Vergleichbarkeit der Ergebnisse weiterhin einheitlich einen Wirbelstromwiderstand 1.5 mOhm.
  • Als Temperatur der Spule benutzen wir im SimulationX-Modell die maximal zulässige Temperatur T_Spule=90°C.
  • Wir bauen einen neuen Versuchsstand Etappe6_xx_Ausschuss.opy auf.

Statistische Versuchsplanung

Bei der zuverlässigkeitsbasierten Optimierung wird als Basis für die Bewertung nicht der einzelne Modell-Lauf, sondern die Berechnung einer kompletten Stichprobe benutzt:

  • In der vorherigen Übungsetappe haben wir festgestellt, dass die Interaktionen zwischen den betrachteten Parameter-Streuungen praktisch vernachlässigbar sind.
  • Wir werden deshalb für die probabilistische Simulation die Momentenmethode mit einem Polynomansatz 2. Ordnung ohne Berücksichtigung von Interaktionen verwenden.
  • Das bedeutet eine wesentliche Reduzierung der benötigten Simulationszeit in Abhängigkeit von der Anzahl der berücksichtigten Streuungen:
Anzahl der | Polynom 2.Ordnung | ohne Interaktionen
Streuungen | Läufe=2·n²+1      | Läufe=2·n+1
---------------------------------------------------
  n=2      |         9         |        5
  n=3      |        19         |        7
  n=4      |        33         |        9
  n=5      |        51         |       11
  • Man erkennt deutlich, dass die Kenntnis über existierende Interaktionen zwischen den streuenden Parametern von grundsätzlicher Bedeutung für die Einsparung von Berechnungszeit ist.
  • Im Beispiel können wir die Anzahl der Streuungen auf 3 reduzieren, da die Streuungen der Betriebsspannung und der Spulentemperatur kaum Auswirkung auf das Verhalten hatten.

Optimierungsverfahren

Im Unterschied zu den Sample-Verfahren ist bei den Momenten-Verfahren das "numerische Rauschen" bei der Simulation einer Stichprobe gering:

  • Der entscheidende Unterschied der Momenten- zu den Antwortflächenverfahren liegt in der Berechnung der statistischen Verteilungen der Ausgangsgrößen. Nach der Ermittlung des Metamodells werden hier die statistischen Zentralmomente µ (Mittelwert, Varianz, Schiefe und Überhöhung) der Ausgangsgrößen aus den vorgegebenen Momenten der Eingangsgrößen auf der Basis der Ersatzfunktionen y(x) berechnet. Dadurch gibt es dabei keinen stochastischen Anteil infolge der virtuellen Stichprobe.
  • Die unbekannten Koeffizienten der Ersatzfunktionen y(x) des Metamodells werden mittels partieller Ableitungen durch definierte Abtastung des echten Modells berechnet. Dabei entstehen nur geringe Zufallsfehler durch die unterschiedliche Ordnung von echtem Modell und verwendeter Ersatzfunktion. Das äußert sich darin, dass kleine Änderungen der Nennwerte durch die Verschiebung der Abtaststellen zu geringen Sprüngen in den Stichproben-Ergebnissen führen.
  • Die Streuungen der Ausgangsgrößen werden bei der Momenten-Methode als allgemeine Lambda-Verteilung durch den Vergleich mit einer bekannten Momenttabelle approximiert. Diese Berechnung erfolgt also vollkommen analytisch und deterministisch ohne Zufallszahlen.
  • Eine Lambda-Verteilung besitzt immer definierte Grenzwerte. Die Quantilfunktion x und Dichtefunktion f(x) lauten:
    Software SimX - Nadelantrieb - Robust-Optimierung - quantil u dichte lambda.gif
  • Dabei ist 0<u<1. Durch die Parameter Lambda1, Lambda2, Lambda3 und Lambda4 kann man eine beliebige Verteilungsfunktion abbilden. Dabei ist Lambda1 der Mittelpunkt und Lambda2 die Skalierung der Verteilung. Lamda3 und Lambda4 sind die Formfaktoren. Bei symmetrischer Verteilung ergibt sich Lambda3=Lambda4. Vertauschen von Lambda3 und Lambda4 bedeutet eine Spiegelung der Verteilung um den Mittelpunkt. Der Toleranzwert ist intern festgesetzt auf T=2/Lambda2 und der Mittelwert ist dabei immer der zugehörige Nennwert der Streugröße (Toleranzmittenwert).
  • Im folgenden Bild sind beispielhaft einige Verteilungsdichtefunktionen dargestellt:
    Software SimX - Nadelantrieb - Robust-Optimierung - beispiele lambdaverteilung.gif
  • Zusätzlich zum Fehler des Ersatzmodells (z.B. Polynomansatz 2. Ordnung) resultiert ein weiterer Fehler des Moment-Verfahrens daraus, dass mit dieser allgemeinen Lambdafunktion die wirkliche Streuung der Ausgangsgrößen natürlich nie exakt abgebildet werden kann. Der relative Fehler der Approximation steigt an den Rändern der Toleranzbreite.

Schlussfolgerung:

  • Da die auf Basis der Momenten-Methode gebildete Zielfunktion hinreichend glatt ist, können wir das Hooke-Jeeves-Verfahren verwenden.
  • Eine Anzahl von 300 Optimierungsschritten könnte ausreichend sein und kann nachträglich problemlos verändert werden.

Entwurfsparameter (Nennwerte)

Die mittels Nennwert-Optimierung ermittelten "optimalen" Nennwerte sollen so verändert werden, dass trotz aller Streuungen eine Versagenswahrscheinlichkeit=0 entsteht:

  • Beim Hooke-Jeeves-Verfahren steigt die Anzahl der erforderlichen Tastschritte proportional mit der Anzahl der Entwurfsgrößen.
  • Jeder Tastschritt des Optimierungsverfahrens besteht aber jetzt aus den n Tastschritten der probabilistischen Simulation (Stichprobenberechnung).

Die Reduzierung des Suchraumes hat deshalb bei der zuverlässigkeitsbasierten Optimierung eine wesentlich größere Bedeutung als bei der bisherigen Nennwert-Optimierung:

  • Da wir nur noch 4 Entwurfsgrößen in die Nennwert-Optimierung einbeziehen, kann man im Beispiel den Suchraum nicht mehr wesentlich reduzieren.
  • Wir benötigen somit für dieses Experiment nur 4 variable Nennwerte:
d_Anker   : 5...15 mm 
w_Spule   : 100...1000 
R20_Spule : 0.1...10 Ohm
k_Feder   : 1...100 N/mm (Toleranz.kF_Mitte)
  • Mit diesen Entwurfsparametern beginnen wir den Aufbau des Workflows:
    Software SimX - Nadelantrieb - Robust-Optimierung - workflow ausschuss-min.gif
  • Folgende Startschrittweiten für die Abtastung der Zielfunktion haben sich als günstig erwiesen:
d_Anker   : 0.01 mm 
w_Spule   : 1 (zusätzlich Genauigkeit=1) 
R20_Spule : 0.001 Ohm
k_Feder   : 0.1 N/mm

Entwurfsparameter (Streuungen)

Die Streuungen bleiben weiterhin vorgegebene "konstante" Größen (Werte aus der vorherigen Etappe benutzen!). Um die Bearbeitungszeit für diese Übungsaufgabe in Grenzen zu halten, beschränken wir uns auf 3 Streuungen. Diese erfordern nur 7 Abtastschritte pro Stichprobe.

Die Beschränkung auf die folgenden 3 Streuungen erfolgte anhand der ermittelten globalen Sensitivitäten (Effekte):

RW_relTol: Wirbelstromwiderstand normalverteilt um aktuellen Wert=1 mit Toleranzbreite=1.
kP_relTol: Papiersteife normalverteilt um aktuellen Wert=1 mit Toleranzbreite=1. 
kF_relTol: relative Federsteife normalverteilt um aktuellen Wert=1 mit Toleranzbreite=0.6
Software SimX - Nadelantrieb - Robust-Optimierung - streuungskonfig.gif

Hinweis:

  • Unabhängig von den individuellen Ergebnissen sollten alle Teilnehmer der Lehrveranstaltung "Optimierung" ebenfalls diese 3 Streuungen benutzen!

Restriktionen

Der Workflow muss folgende Restriktionen enthalten:

Praegung = 1 (Prägungsmaß)
tZyklus  ≤ 0.0034 s (Zykluszeit)
L_Magnet ≤ 30 mm (Magnetlänge)
dT_Draht ≤ 40 K (Erwärmung) -> deshalb T_Spule=90°C
d_Draht  = Norm-Drahtdurchmesser 

Eine kritische Größe bei dieser Optimierung ist wieder der Drahtdurchmesser:

  • Die Veränderung von Ankerdurchmesser, Windungszahl und Spulenwiderstand führt zu einer Veränderung des daraus resultierenden Drahtdurchmessers.
  • Bisher wurde mittels der Restriktionsgröße d_Draht die Optimierung gezwungen, hinreichend genau einen Normdraht-Durchmesser anzustreben.
  • Es könnte sein, dass die Ausschuss-Minimierung einen anderen Normdrahtdurchmesser erfordert.
  • Deshalb sollte man zuerst die Grenzen für den zulässigen Drahtdurchmesser sehr groß wählen (z.B. 0.1 mm bis 1 mm). Bei der Ausschuss-Minimierung erkennt man dann die Tendenz der erforderlichen Veränderung.


Software SimX - Nadelantrieb - Robust-Optimierung - restriktionskonfig.gif

Im Unterschied zur Nennwert-Optimierung muss man bei der zuverlässigkeitsbasierten Optimierung wesentlich mehr Sorgfalt auf die Konfiguration der Restriktionsgrößen legen:

  • Bei der Nennwert-Optimierung wird nur überprüft, ob der aktuelle Wert der Restriktionsgröße im zulässigen Bereich liegt. Der zulässige Wertebereich wird durch Unter- und Obergrenze beschrieben.
  • Bei der zuverlässigkeitsbasierten Optimierung muss jedoch überprüft werden, ob der gesamte aktuelle Streubereich der Restriktionsgröße im zulässigen Bereich liegt.

Für jede Restriktionsgröße kann bei der probabilistischen Simulation ein zulässiger Ausschuss angegeben werden:

  1. Das kann sinnvoll sein, wenn man z.B. bei der Fertigung anhand dieser Prüfgröße unzulässige Exemplare aussortiert. Das kann durchaus weniger Kosten verursachen, als eine extrem genauere Fertigung.
  2. Strebt man bei der Ausschuss-Minimierung eine Gesamtversagenswahrscheinlichkeit von Null an, so erlangen bei sehr kleinen Teilversagenswahrscheinlichkeiten die numerischen Fehler bei der Simulation der Ausgangsstreuungen eine wachsende Bedeutung. Um dieses "numerische Rauschen" zu eliminieren, ist es günstig, einen sehr kleinen zulässigen Ausschusswert angeben, z.B. 0.3%. Das entspricht dann praktisch einem Ausschuss=0.

Dieses Problem des numerischen Rauschens bei sehr kleinen Teilversagenswahrscheinlichkeiten soll nun näher betrachtet werden:

  • Im Allgemeinen besitzt eine Streuung keine scharfen Grenzen. In OptiY ist die Toleranzbreite T als der 6-fache Wert der Standard-Abweichung σ definiert. Damit erfasst man z.B. bei einer Normalverteilung 99,7% aller möglichen Werte der streuenden Restriktionsgröße.
Software SimX - Nadelantrieb - Robust-Optimierung - streugrenzen.gif
  • An den Diagrammen der Verteilungsdichte und der Verteilungsfunktion werden für die X-Achsen unterschiedliche Grenzwerte eingetragen. Bei genauerem Hinschauen erkennt man, dass die Funktionswerte auch außerhalb dieser Grenzen z.B. noch nicht Null sind.
  • Die Funktionen werden bei der Darstellung abgeschnitten, wenn ihr Funktionswert den Wert=Ymax*0.0067 unterschreitet (Ymax = maximaler Funktionswert).

Für das sichere Konvergieren des Gesamtversagens gegen den Wert=0 hat sich folgende Vorgehensweise bewährt:

  • Für alle Restriktionsgrößen trägt man zulässiger Ausschuss = 0.003 ein. Das entspricht mit 0,3% dem Anteil der Lösungen, der bei einer Normalverteilung außerhalb der Toleranz T=6·σ liegt.
  • Ein Ausschuss kleiner 0.3% ist praktisch irrelevant, weil er nur statistische Rechen- und Approximationsfehler beinhaltet. Deshalb sollten kleinere Teilversagenswahrscheinlichkeiten bei der Berechnung des Gesamtversagens nicht berücksichtigt werden.
  • Diesen Wert von 0.003 kann man durch Beobachtung der Teilversagenswahrscheinlichkeiten während der Ausschuss-Minimierung bei Bedarf noch präzisieren. Unter Umständen ist ein etwas höherer Wert dafür erforderlich.
  • Das Gütekriterium "Versagen" ist nur ein Maß für das Gesamtversagen der Lösung. Der Wert ergibt sich als Summe der gewichteten Teilversagenswahrscheinlichkeiten. Im Normalfall sollte man für alle Restriktionen Gewichtsfaktor=1 setzen.


Unstetig streuende Restriktionsgrößen:

Praegung ist ein Maß für das erfolgreiche Prägen des Papiers. Infolge des im Modell eingebauten Anschlages für die Nadelbewegung ist im Erfolgsfall Praegung=1:

  • Leider ist ein störender Nebeneffekt der vorangegangenen Strukturoptimierung, dass die Prägung nicht mehr in der gesamten Stichprobe gewährleistet ist.
  • Ungefähr bei Praegung=0.8 erfolgt der Riss des Papiers. Dieser Wert markiert die Unstetigkeitsstelle, denn alle Exemplare, bei denen die Nadel diese Rissposition überschreiten konnte, führen zu Praegung=1!
  • Deshalb sollte man den unteren Grenzwert einer unstetigen und begrenzten Restriktionsgröße sinnvoll zwischen Unstetigkeitsstelle und Begrenzungswert setzen. Im Beispiel hat sich für Praegung ein unterer Grenzwert=0.85 als günstig erwiesen, um die tatsächliche Teilversagenswahrscheinlichkeit hinreichend abzubilden:
Software SimX - Nadelantrieb - Robust-Optimierung - praege-versagen.gif
  • Da bei entsprechend vielen "nichtprägenden" Exemplaren die approximierte Verteilungsdichte nach oben flach auslaufen kann, sollte ein etwas höherer oberer Grenzwert=1.3 benutzt werden.

Gütekriterien

Strafe:

  • Wird automatisch als Gütekriterium ergänzt, weil Restriktionen definiert sind.
  • Die "Hierarchische Optimierung" wirkt dann wie folgt:
    • Zuerst werden Entwurfsparameter.Nennwerte (=Toleranzmittenwerte) gesucht, welche ohne Berücksichtigung der Streuungen alle Forderungen erfüllen (Strafe=0).
    • Erst dann werden unter Berücksichtigung der Versagenswahrscheinlichkeit die Entwurfsparameter.Nennwerte so verändert, dass das Versagen kleiner wird.

Versagen:

  • Wird automatisch ergänzt, weil Streuungen als Entwurfsparameter definiert sind.
  • Es handelt sich um ein Maß für die Gesamt-Versagenswahrscheinlichkeit einer Stichprobe:
    • Für jede Restriktionsgröße werden Teilversagenswahrscheinlichkeiten ermittelt.
    • Der Wert für das "Versagen" ergibt sich bei der Momenten-Methode als Summe der gewichteten Teilversagenswahrscheinlichkeiten. Damit ist bei einer Ausschussquote=0 auch Versagen=0.

Minimale Zykluszeit:

  • Wir wünschen uns weiterhin, dass nach der Ausschuss-Minimierung der Nadelantrieb auch für den schlechtesten Fall noch möglichst schnell funktioniert.
  • Diesen Wunsch formulieren wir wie gewohnt durch Vorgabe einer oberen Grenze für die Restriktion tZyklus.
  • Ausgehend von einem Anfangswert können wir uns dann iterativ einem möglichst kleinen Maximalwert für die Zykluszeit nähern, bei dem noch Versagen=0 erreicht wird.
  • Die vorherige Analyse ergab, dass wir die Forderung aus der Aufgabenstellung von 3.4 ms in der Stichprobe teilweise überschreiten. Deshalb sollte man zuerst diesen Grenzwert eintragen, da diese Forderung in jedem Fall einzuhalten ist.