Software: SimX - Einfuehrung - Elektro-Chaos - Modellierung und Simulation

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Modellierung und Simulation linearer Systeme (Zusammenfassung)

In den vorgehenden Abschnitten haben wir gelernt, wie man auf dem Gebiet elektrischer Netzwerke numerische Modelle aufbaut und damit Simulationen durchführt. Mit zielgerichteten Experimenten haben wir Antworten für bestimmte Fragestellungen gefunden. Verallgemeinert für beliebige Systeme sollen im Folgenden die wesentlichen Erkenntnisse zusammengefasst werden:

Modelle

1. Was ist ein "Modell"?

Ein Modell ist ein Ersatzobjekt beliebiger Natur, das man zur Gewinnung von Erkenntnis über ein Originalobjekt benutzt:

  • Ein Modell ist immer ein Abbild von einem "Original" (d.h. von "etwas anderem"). Bei einem "Original" kann es sich auch um ein Modell handeln!
  • Ein Modell bildet nur die Eigenschaften des Originals ab, die dem Modellbenutzer wichtig erscheinen:
    • Bestimmte Eigenschaften eines Modells werden als Eigenschaften des Originals interpretiert (z.B. mathematische Formel als physikalischer Effekt).
    • Es gibt immer Eigenschaften eines Modells, die keinen Bezug zum Original besitzen (z.B. Diskretisierung der Zeit durch den Solver).
  • Ein Modell wird pragmatisch und zweckorientiert angewendet:
    • "Minimalmodell" - mit möglichst wenig Modell hinreichend viel Erkenntnis für aktuelle Fragestellungen (z.B. Kennlinie anstatt vollständiger Berechnung aller physikalischen Zusammenhänge).
    • Erlaubt ist, was im Sinne des angestrebten Erkenntnisgewinns nützt und niemendem schadet (z.B. sind Tiere und Menschen nur eingeschränkt als Modelle nutzbar!)


2. Was ist ein "mathematisches Modell"?

Mathematische Modelle bilden die Eigenschaften des Originals auf ein mathematisches System ab (z.B. Lineare Algebra, Gewöhnliche Differentialgleichungen, Fuzzy-Logik):

  • Die Nutzung zum Erkenntnisgewinn ist möglich, weil Eigenschaften mathematischer Systeme als Aspekte der realen Welt interpretierbar sind.
  • Algorithmen der Computer-Algebra und der numerischen Mathematik ermöglichen die Behandlung in informationsverarbeitenden Systemen (z.B. Computer).
  • Wird ein mathematisches Modell in einem informationsverarbeitenden System implementiert, so spricht man von einem numerischen Modell.


Simulation

Simulation ist allgemein die Nutzung eines Modells. In der Wissenschaft und Technik werden Simulationen als Experimente mit Modellen durchgeführt, um Erkenntnisse über ein "Original" zu gewinnen. Dabei bedient man sich unterschiedlichster Modellformen:

  • Gedankenexperimente mit den Modell-Vorstellungen über die reale Welt sind das wesentliche Merkmal der Gattung Mensch.
  • Physikalische Experimente mit materiellen Modellen, wenn mathematische oder numerische Modelle noch nicht existieren bzw. noch nicht hinreichend genau sind. Diese Form der Simulation ist meist zeit- und kostenaufwändig!
  • Varianten-Berechnungen mit "Bleistift/Taschenrechner und Papier" bei analytisch einfach lösbaren mathematischen Modellen. Diese Form ist fehleranfällig!
  • Numerische Experimente mit mathematischen Modellen, welche als numerische Modelle implementiert wurden (Computersimulationen). Diese bieten die Basis, um Prozesse des Erkenntnisgewinns zu automatisieren.

Lineare Systeme

Der Begriff "System" wird häufig mit verschiedenen Zusätzen benutzt:


Die vielfältigen Definitionen und Erläuterungen zu Systemen kann man auf folgende Aspekte reduzieren:

  • Ein System besitzt eine Abgrenzung zu seiner Umgebung.
  • Ein System enthält Komponenten, die Wirkung aufeinander auswirken.
  • Es entsteht ein Systemverhalten, welches eine neue Qualität im Vergleich zu den Elementen aufweist (z.B. Spule und Kondensator).
  • Die resultierenden Systemgesetze engen den Freiheitsgrad der Komponenten ein! (Versklavung der Komponenten).


Lineare Systeme müssen folgende zwei Merkmale aufweisen:

1. Alle Elemente besitzen unabhängig von ihrer Belastung konstante Eigenschaften, z.B.:

  • die "Kapazität" eines Energiespeichers ist unabhängig vom "Füllstand" (Kondensator mit konstantem C, Induktivität mit konstantem L, Feder mit konstanter Federkonstante c)
  • Übertragungselemente zwischen den Speichern besitzen einen konstanten "Verlustfaktor" (Widerstand mit konstanten R, Reibelement mit konstantem µ).

2. Die in das System eingespeisten Signale sind aus der Sicht des Systems vorhersagbar:

  • konstante Signale (z.B. Gleichspannung)
  • periodische Signale (z.B. sinusförmige Wechselspannung)
  • Einzelimpuls (Dirac-Impuls, Einheitssprung)


Für die Behandlung linearer Systeme existiert ein umfangreiches mathematisches Methoden-Inventar. Das Verhalten linearer Systeme kann analytisch durch Anwendung der entsprechenden mathematischen Verfahren auf der Basis linearer Gleichungssysteme berechnet werden. Wenn sich die Eingangssignale des Systems auf ein Spektren harmonischer Schwingungen zurückführen lassen, so kommt man zu den linearen Gleichungssystemen, indem man eine Transformation in einen Bildbereich vornimmt:


Analytische Lösungen sind exakte Lösungen einer Gleichung. D.h., man kann alle Ergebnisgrößen direkt mit jeweils einer Formel ausrechnen. In der Praxis nutzt man "manuelle" analytische Lösungen nur für einfache lineare Systeme (z.B. einfache RLC-Glieder):

  • Das Umstellen der Formeln nach den zu berechnenden Größen ist fehleranfällig und zeitaufwändig.
  • Das Gleiche gilt für die Berechnung der Formeln mit dem Taschenrechner.
  • Die numerische Simulation linearer numerischer Modelle liefert zwar keine exakte Lösung, ist aber hinreichend genau, schnell, zuverlässig und flexibel.