Software: FEM - Tutorial - Strukturoptimierung - Begriffsdefinition

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Begriffswelt der Strukturoptimierung

Umgangssprachlich werden die für die Produkt-Optimierung relevanten Begriffe nicht immer ganz "sauber" verwendet. Dies kann dann dann durchaus zu Missverständnissen in der fachlichen Kommunikation führen. Deshalb soll im Folgenden eine Einordnung der wesentlichen Begriffe in Hinblick auf die Optimierung mechanischer Strukturen vorgenommen werden:

"Struktur" ist ein ziemlich abstrakter Begriff aus der Systemtheorie:

  • Ein beliebiges System wird beschrieben durch die Abgrenzung und die Schnittstellen zu seiner Umgebung sowie durch seine innere Struktur.
  • Die (innere) Struktur eines Systems ist definiert durch die Summe aller System-Elemente und ihrer Interaktion.

"Strukturoptimierung" im hier behandelten Sinne bezieht sich nur auf mechanische Strukturen:

  • Optimiert werden z.B. mechanische Bauteile, welche durch Modelle der Strukturmechanik berechnet werden können. Die Einbeziehung zusätzlicher physikalischer Domänen ist dabei möglich (z.B. Wärme, elektromagnetische Felder).
  • Die angewandten Begriffe, Vorgehensweisen und Verfahren sind im Prinzip aber auch auf beliebige "Strukturen" zumindest sinngemäß übertragbar.
  • "Strukturoptimierung" ist der Oberbegriff für die Optimierung grundlegender Struktur-Eigenschaften:
  1. Topologie
  2. Form (Gestalt)
  3. Abmessung (Dimensionierung)
  4. Material

Topologie

Software FEM - Tutorial - Strukturoptimierung - Begriffsdefinition Topologie Tasse-Torus.gif

Bezogen auf strukturmechanische Systeme beschreibt die Topologie diejenigen geometrischen Eigenschaften von Körpern, die bei zulässigen stetigen Verformungen erhalten bleiben:

  • Z.B. besitzen eine Tasse und ein Volltorus die gleiche Topologie, sie sind zueinander homöomorph. D.h., beide Körper sind umkehrbar eindeutig stetig aufeinander abbildbar und aus der Sicht der Topologie deshalb nicht zu unterscheiden (Bild aus Wikimedia-Commons).
  • Vereinfacht kann man sich als mathematischer Laie merken, dass zwei Körper die gleiche Topologie besitzen, wenn sie über die gleiche Anzahl durchgängiger Löcher und in sich abgeschlossener Hohlräume verfügen. Damit besitzen eine Kugel und ein Würfel die gleiche Topologie wie ein Trinkbecher, aber nicht die gleiche Topologie wie die Tasse!
  • Anschauliche stetige Verformungen für den Erhalt einer Topologie sind dabei das Dehnen, Stauchen, Verbiegen, Verzerren, Verdrillen und Verkrempeln. Nicht zulässige Verformungen sind das Beseitigen vorhandener Löcher/Hohlräume oder das Schaffen neuer Löcher/Hohlräume.
  • Das folgende Bild zeigt zwei unterschiedliche Topologien für ein funktionell identisches Bauteil:
    .

Form

Jede mögliche Topologie eines Bauteils kann in unterschiedlichster Form (Gestalt) auftreten:

  • Die Vielfalt der möglichen Formen einer Topologie ist begrenzt durch die Menge möglicher zulässiger stetiger Verformungen.
  • Man kann unterscheiden in abstrakte und realisierte (konkrete) Formen:
    1. Abstrakte Form
      • wird beschrieben durch geometrische Abhängigkeiten zwischen den Kanten und Flächen als Form-Elementen (z.B. parallel, lotrecht, fluchtend, gleich, symmetrisch) → Analogie: im CAD die Liste aller Skizzier-Abhängigkeiten zur Stabilisierung der gewünschten 2D-Formen;
      • bei [Freiformflächen] erfolgt die Beschreibung überwiegend durch die Topologie des Bauteils mit zusätzlichen Symmetrie-Eigenschaften und Randbedingungen.
    2. Konkrete Form
      • entspricht der geometrischen Realisierung einer (abstrakten) Form unabhängig vom konkreten Material (z.B. in Form eines 3D-Geometriemodells);
      • die konkrete Größe einer Form ist nur beispielhaft und noch nicht durch Maße festgelegt → Analogie: im CAD die unbemaßte Skizze mit durch Skizzier-Abhängigkeiten stabilisierten 2D-Formen.

Abmessung

Erst durch die Festlegung von Positionen, Linienverläufen und Querschnitten mittels konkreter Zahlenwerte wird die Geometrie eines Bauteils vollständig bestimmt:

  • Die Bestimmung der konkreten Maße für eine konkrete Form erfolgt durch den Prozess der Dimensionierung.
  • Grundlage der Dimensionierung ist die quantitative Berücksichtigung der Belastung des Bauteils (mechanisch, thermisch, ...).
  • Die Detail-Abmessungen der Form müssen dabei so gewählt werden, dass das Bauteil allen berücksichtigten Belastungen standhält.
  • Wichtig: Dimensionierung ist meist abhängig vom zuvor für das Bauteil gewählte Material.
  • Im Spezialfall können Abmessungen auch ohne Materialeinfluss direkt durch die Funktion bestimmt sein (z.B. Anlageflächen, Abstände zwischen Gelenken)

Material

Ein Bauteil kann nur mittels Material realisiert werden. Dadurch wirken im Bauteil die konkreten Material-Eigenschaften und es ergeben sich bestimmte Fertigungsrestriktionen:

  • Veränderte Festigkeitseigenschaften, aber auch anderer Materialeigenschaften haben meist Auswirkungen auf die Dimensionierung der Abmessungen.
  • Veränderte Fertigungsrestriktionen (welche z.B. andere Fertigungsverfahren bedingen) haben Auswirkungen auf mögliche konkrete Formen des Bauteils. Dies kann auch zu einer Nichtrealisierbarkeit bestimmter Topologien führen.
  • Veränderte Isotropie-Eigenschaften bedingen andere optimale Topologien und damit auch andere mögliche Formen.