Software: FEM - Tutorial - 2D-Mechanik - Spielpassung
Im Folgenden wird die vom Autodesk Simulation Mechanical bereitgestellte Funktion der Stift-Abhängigkeit zur Nachbildung einer Spielpassung benutzt. Damit soll eine realistischere Befestigung der Lasche am Bolzen im Modell nachgebildet werden.
Entwurfsszenarien
Wir konfigurieren ein weiteres Entwurfsszenarium Spielpassung auf Grundlage des bisherigen Entwurfsszenariums Fixierter Lochrand 2D, um die unterschiedliche Belastung der Lasche einfach vergleichen zu können:
- Entwurfsszenarien kann man in der Browser-Ansicht mittels Kontextmenü > Kopieren:
- Anschließend vergeben wir durch Umbenennen obige Bezeichnungen für beide Szenarien. Dabei kann immer nur das jeweils aktive Szenarium geöffnet und bearbeitet werden:
3D-Volumennetz
Das neue Entwurfsszenarium können wir nun unabhängig vom ersten Szenarium umgestalten. Da es nicht möglich ist, die Stift-Abhängigkeit mit Flächen-Netzen zu verwenden, müssen wir das Bauteil mit Volumen-Elementen neu vernetzen, wobei wir vorläufig die Standard-Einstellungen beibehalten:
- Standardmäßig werden für die Solidvernetzung Quader (Ziegel) und Tetraeder verwendet, was man in den Optionen zu den Vernetzungseinstellungen erkennt:
- Dies widerspiegelt sich dann in der überwiegenden Verwendung von Vierecken in den Oberflächennetzen. Dreiecke realisieren den Übergang zwischen unterschiedlichen Elementgrößen. Behält man die aus dem vorherigen Entwurfsszenarium übernommenen Verfeinerungspunkte bei, so entsteht mit 3D-Netz erstellen nach längerem Warten (ca. 1 Minute) das folgende Oberflächennetz:
- Während der Vernetzung kann man die Details des Vernetzungsfortschritts beobachten:
- Bei der gemischten Verwendung von Quadern und Tetraedern ist es unmöglich, aus dem obigem Oberflächennetz die Volumen-Vernetzung vorzunehmen (manueller Abbruch nach ca. 20 Minuten!).
- Für die Solid-Vernetzung sollte man bei Netzverfeinerung nur Tetraeder-Elemente verwenden (in den Optionen der Netzeinstellungen umschalten!). Das reine Tetraeder-Netz führt zwar nicht zum effektivsten Finite-Element-Modell, wird aber von der automatischen Vernetzung gut beherrscht.
- Mit den vorhandenen Verfeinerungspunkten ergibt sich nach Aufruf von "3D-Netz erstellen" folgendes Oberflächennetz aus Dreiecken (Dauer ca. 3 Minuten):
Wichtig:
- Die Funktion 3D-Netz erstellen beschränkt sich nur auf die Erstellung des Oberflächennetzes, trotzdem ist die Berechnung schon recht zeitaufwändig.
- Das Volumen selbst wird damit noch nicht vernetzt! Man erhält damit jedoch einen "oberflächlichen" Eindruck zur Qualität des Netzes.
- Bevor man mit der noch viel aufwändigeren Volumenvernetzung beginnt, sollte man eine Verfeinerung des Netzes nur an den wirklich erforderlichen Stellen vornehmen. Damit reduziert man die Anzahl der zu generierenden Elemente.
- Die Konzentration der Netzverfeinerung auf die relevanten Stellen setzt Erfahrungswissen zu den Eigenschaften der berechneten Feldverläufe voraus. Da dieses dem Anfänger noch weitestgehend fehlt, hier als Ersatz die Ergebnisse der FEM-Simulation des vollständig fixierten Loches auf Basis obiger Netzverfeinerung (Diese Simulation aus Zeitgründen NICHT starten!):
- Auf die Stirnfläche des FEM-Modells wirkt eine Zugkraft von 10000 N. Die Stiftabhängigkeit im Loch besitzt vollständig fixierte Freiheitsgrade (Lochrand komplett fixiert).
- Der berechnete Spannungsverlauf entspricht damit auch wertmäßig den Ergebnissen aus dem Flächennetz der Mittelebene.
- Zusätzlich erscheinen jetzt jedoch Spannungsspitzen direkt am Rand des Loches, welche durch das Flächennetz nicht berücksichtigt wurden.
- Eine Netzverfeinerung ist nur erforderlich, wo sich der Feldverlauf stark ändert. Dies ist nur direkt an den Kanten des Loches der Fall. Die Innenfläche selbst ist unkritisch und bedarf keiner extremen Netzverfeinerung.
- Mit diesem Wissen werden wir die Vernetzung im Folgenden ändern.
Kantenverfeinerung
Hinweise zu Tastenkombinationen bei der Objekt-Auswahl:
- ohne Taste - ersetzt die bestehende Auswahl durch die neu gewählten Objekte
- <Strg> - Auswahl wird im erfassten Bereich umgekehrt
- <Umschalt> - Objekte des erfassten Bereiches zur bestehenden Auswahl hinzufügen
- <Strg><Umschalt> - bestehende Auswahl wird um Objekte des erfassten Bereiches reduziert
Die extrem feine Vernetzung ist bei vollständiger Fixierung aller Freiheitsgrade nur an den Kanten des Loches erforderlich. Damit besteht die Möglichkeit die Größe des Netzes wesentlich zu reduzieren, so dass wir die erforderlichen Simulationen im Rahmen der Übung durchführen können. dabei gehen wir schrittweise wie folgt vor:
- Löschen der vorhandenen Verfeinerungspunkte
- "3D-Netz erstellen" führt zu einer Tetraeder-Vernetzung mit gleichmäßiger Elementgröße.
- Ansicht > Visueller Stil > Netz
- Auswahl aller Knoten im Loch (mit Kreis-Auswahl in Draufsicht)
- Entfernen aller Knoten aus der Auswahl, welche nicht auf den Lochkanten liegen:
- Seitenansicht wählen
- Rechteck-Auswahl zusätzlich mit Tasten-Kombination <Strg><Umschalt> entfernt die ausgewählten Knoten im Loch
- alle ausgewählten Kantenpunkte hinzufügen zu den Verfeinerungspunkten
- Wirkungsradius 0,5 mm
- Netzgröße 30 µm (50 µm wegen Speicherplatz bei RAM < 4 GB)
- Damit entsteht durch "3D-Netz erstellen" im Beispiel ein Oberflächennetz aus 62710 Dreiecken:
- Das Volumennetz würde zwar automatisch als erster Schritt beim "Simulation ausführen" generiert. Da die Erzeugung des Volumennetzes häufig ein langwieriger und auch fehleranfälliger Prozess ist, sollte man diesen Schritt jedoch bereits vorher ausführen (Kontextmenü von CAD-Vernetzungsoptionen):
- Die vor der Vernetzung erscheinenden Vernetzungseinstellungen quittieren wir ohne Änderung mit OK:
- Im Ergebnis der Vernetzung entsteht ein Tetraeder-Netz mit fast 1/2 Million Elementen:
- Die Netzreduktion macht sich positiv in der Simulationszeit bemerkbar, so dass wir die Simulation im Rahmen der Übung nun ausführen können! Sie führt an den Lochkanten zu folgenden Ergebnissen:
- Die berechnete Maximalspannung an den Lochkanten hat sich infolge der feineren Vernetzung im Vergleich zur vorherigen Simulation erhöht (im Beispiel um ca. 10%).
- Eine Verfeinerung der Kantenvernetzung würde diese berechneten Spannungsspitzen weiter vergrößern. Zum einen würde die Berechnungszeit damit stark ansteigen. Zum anderen ist es fraglich, ob diese Spannungsspitzen in der realen Lagerstelle überhaupt auftreten.
- Die Lasche verringert ihre Dicke durch die Streckung beim Anliegen der Zugkraft. Im Modell entstehen diese Spannungsspitzen als Scherspannung an der Lochkante, weil die Fixierung des Lochrandes eine Dickenänderung der Lasche direkt am Lochrand verhindert.
- Im Bereich bis zu ca. 600 MPa entsprechen die berechneten Spannungsbelastungen des 3D-Netzes ungefähr den Ergebnissen des Flächen-Netzes der Mittelebene.
Hinweis:
Ergibt sich nach der Simulation im gesamten Bauteil eine Spannung von 0 N/m², so liegt ein Problem mit dem Gleichungslöser (Solver) vor:
- Im "Protokoll" unter der Registerkarte "Bericht" findet man dann einen Hinweis in Form zweier Warnungen:
**** Invoking Parallel AMG Iterative Solver... **** Load Case 1 Warning: AMG solver might encounter difficulty (tolerance=0.10E-05) Please inspect model for stability or try direct solvers. Warning: Found trivial solution (|X| <= 1.0E-38). Missing all loads? **** End AMG Iterative Solver Solution
- Die Solver-Konfiguration findet man im FEM-Editor unter MFL > Setup > Modell einrichten > Parameter > Lösung.
- Die automatische Option wählte für unser Beispiel den iterativen AMG-Solver. Wir schalten auf den Sparse-Solver um:
- Eine erneute Simulation sollte danach zum Erfolg führen.
Passung
Wir haben nachgewiesen, dass ein 3D-Modell für den fixierten Lochrand ähnliche Ergebnisse berechnet, wie das Flächenmodell in der Mittelebene. Im nächsten Schritt soll nun untersucht werden, in welchem Maße die Befestigung der Lasche auf dem Bolzen seine Belastung beeinflusst. Dafür lösen wir die "Verschweißung" auf dem Bolzen, indem wir die radiale Fixierung der Stiftabhängigkeit lösen:
- Damit kann sich das Loch infolge der anliegenden Zugkraft verformen und die Lochwand liegt nicht mehr rings um den "gedachten" Bolzen:
- Die Nachbildung einer Spielpassung gelingt mit der Stiftabhängigkeit nur näherungsweise, weil nur eine Lochaufweitung in radialer Richtung stattfindet. Eigentlich müsste auch eine tangentiales "Fließen" des Materials um den Bolzen erfolgen. Die zusätzliche Freigabe der tangentialen Fixierung ist jedoch nicht möglich, denn sie führt zu einer Unbestimmtheit der Lagerposition in der XY-Ebene (ergibt Verschiebungen von einigen Millionen Kilometern!)
- Zusätzlich liegt der Verdacht nahe, dass infolge der relativ groben Vernetzung innerhalb des Loches die Spannungsverläufe im Loch ungenau berechnet werden.
- Im Rahmen der Übung NICHT durchführen: Eine Berechnung nach Verfeinerung des gesamten Loches würde diesen Verdacht bestätigen:
- Der Bereich der maximalen Belastung zieht sich durch die gesamte Lochhöhe. Die Mises-Spannung in diesem Bereich resultiert überwiegend aus der Spannung in Zugrichtung.
- Fazit: Die Nachbildung einer Spiel-Passung mittels Stiftabhängigkeit gelingt nur unzureichend. Nachgebildet wird damit eher eine leichte Press-Passung.
Spiel-Passung
Mit unserem Wissen versuchen wir nun, mittels der sogenannten -Traglast doch noch eine Spielpassung nachzubilden:
- Wir erzeugen dazu ein weiteres Entwurfsszenarium auf der Grundlage der bisherigen "Spielpassung".
- Unsere "irrtümliche" Spielpassung benennen wir um in Press-Passung.
- Das neue Szenarium soll nun Spiel-Passung heißen.
- Die Netzverfeinerung der Lochkanten behalten wir bei.
- Last und Abhängigkeit vertauschen wir in diesem Szenarium:
Entscheidend ist die Konfiguration dieses Lagers als Spielpassung mit einer Zugkraft von 10000 N:
- Die Ergebnisse für die Mises-Spannung sind ähnlich, wie bei der vorherigen "Press-Passung":
- Auch hier ist die größte Belastung an den Flanken des Loches. Die berechneten Maximalwerte sind jedoch bedeutend höher!
- Die Verformung des Loches infolge des Ziehens am Bolzen erscheint realistisch.
- Die inhomogene Mises-Spannung an der Stirnfläche resultiert aus der Fixierung der Fläche. Dies verhindert eine Einschnürung der Lasche infolge der Zugbelastung.
- Interessant ist die zu beobachtende Verformung im Bereich des Loches in Z-Richtung:
- Deutlich zeigt sich eine Wulst in Schubrichtung vor dem Bolzen.
Frage 2:
Wie groß ist die maximal zulässige Zugkraft bei Verwendung einer Spielpassung auf biegesteifem Bolzen, damit der Sicherheitsfaktor 2 an keiner Stelle des Modells unterschritten wird? Das Modell ist mit dieser zulässigen Zugkraft zu konfigurieren!