Software: CAD - Tutorial - Bauteil - Toleranzanalyse

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Toleranzanalyse (Kleinst-/Größtmaß obere Führungsweite)

Das Maß der oberen Führungsweite entspricht für die ideale Geometrie dem Nennmaß = 12 mm der Führungsnut:

Software CAD - Tutorial - Bauteil - Toleranzanalyse - Idealgeometrie.gif
  • Nun sollen entsprechend unserer Zeichnungsangaben sämtliche Maße der Führungsgeometrie die Toleranzklasse mittel (m) der Allgemeintoleranz nach DIN ISO 2768 besitzen, dies betrifft sowohl die Längen- als auch die Winkel-Maße.
  • Da diese Toleranzen relativ groß sind, ist zu befürchten, dass dadurch die obere Öffnungsweite im Extremfall so stark vom Nennmaß abweichen kann, dass die Führungsfunktion nicht mehr möglich ist (z.B. "Verklemmen" des geführten Teils).
  • Mit einer Toleranzanalyse auf Grundlage des geeignet tolerierten CAD-Modells sollen deshalb die Extremwerte der oberen Führungsweite ermittelt werden.

Voraussetzung für eine Toleranz-Analyse ist die Ergänzung der benötigten Modellmaß-Toleranzen. Leider erscheinen diese Toleranzen dann auch in der Zeichnung, wo sie eigentlich nicht hingehören (Beispiel: Freimaßtoleranzen). Deshalb sollte man innerhalb eines Bauteils solche Toleranz-Analysen grundsätzlich mit Kopien des Bauteilmodells durchführen!

Wir wählen für die Toleranz-Analyse folgende verallgemeinerbare Vorgehensweise:

  1. Erzeugen einer Kopie der Bauteil-Datei (für die Übung: Bolzen_xx.ipt → Analyse_xx.ipt).
    Hinweis: Bei mehreren Analysen sollte man zuordenbare Bezeichner wählen (z.B. "BauteilX_AnalyseY.ipt").
  2. Schließen aller nicht benötigten CAD-Dateien, um versehentliches Verändern zu vermeiden.
  3. Für das Maß, für welches man die Extremwerte ermitteln möchte, muss man als "Schließmaß" ein getriebenes Maß in einer geeigneten Skizze ergänzen:
    • Dies ist im Beispiel nicht trivial, weil man dafür wegen unstetiger Schnittbedingungen zwei getriebene Maße benötigt, welche man in Abhängigkeit vom Vorhandensein der Nutfläche an der Öffnung benutzt:
      Software CAD - Tutorial - Bauteil - Toleranzanalyse getriebenes Schlussmasz.gif
    • Hinweis: Falls die obere Trapezseite größer als die Nut-Breite wird, entfallen an der Öffnung die Führungsflächen der Nut!
  4. Für jedes Maß, welches einen Einfluss auf das Schlussmaß besitzt, muss der Toleranzbereich definiert werden. Dies gelingt am anschaulichsten in den entsprechenden Skizzen:
    • Im Beispiel betrifft dies Maße in den Profil-Skizzen von "Nut" und "Schraegen".
    • Da alle diese Maße im Beispiel mit Allgemeintoleranz-Klasse (m) versehen sind, müssen wir in Abhängigkeit vom Nennwert die zugehörigen Grenzabmaße aus den Tabellen nach DIN ISO 2768-1 entnehmen und den Maßen zuweisen:
      Software CAD - Tutorial - Bauteil - Toleranzanalyse Toleranzen der Kettenmasze.gif
    • Achtung: Wir berücksichtigen nur die Maßtoleranzen in der Maßkette. Dies stellt eine Vereinfachung dar, weil natürlich auch die Form- und Lagetoleranzen der Führungsflächen eine gewisse Auswirkung auf die obere Öffnungsweite besitzen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Einhaltung der Maßtoleranzen bei der Fertigung oberste Priorität besitzt, selbst wenn es zu Widersprüchen mit Extremwerten der Form- und Lagetoleranzen kommt.
  5. Konfiguration der Maßkette für den ersten Extremwert des Schlussmaßes (im Beispiel zuerst für Kleinstmaß):
    • Standardmäßig wird für jedes Modellmaß der Nennwert Software CAD - Tutorial - button - Toleranz Nennwert.gif verwendet.
    • Für jedes tolerierte Modellmaß unserer Maßkette muss man überlegen, welcher Extremwert (oberer Software CAD - Tutorial - button - Toleranz oberer Wert.gif oder unterer Software CAD - Tutorial - button - Toleranz unterer Wert.gif) zum angestrebten Extremwert des Schlussmaßes führt.
    • Hinweis: Es ist günstig, dafür unter MFL > Extras > Optionen > Dokumenteinstellungen > Einheiten anstatt der Toleranz den genauen Wert für die Maße anzuzeigen. Ansonsten wird die Abweichung des benutzten Maßwertes vom Nennwert nur durch einen Unterstrich gekennzeichnet, ohne dass man die Richtung der Abweichung erkennt.
    • Am Beispiel der Höhe 10 der Führungsschräge resultiert aus dem oberen Extremwert die "gewünschte" Verkleinerung des Schlussmaßes:
      Software CAD - Tutorial - Bauteil - Toleranzanalyse Toleranzen oberer Wert fuer Masz.gif
    • Die Kombination aller richtig gewählten Extremmaße ergibt das Kleinstmaß für die obere Öffnungsweite, welchen wir uns notieren! Im Überblick erhält man die gewählten Einstellungen und resultierenden Modellwerte auch in der Parameterliste.
    • Hinweis: Für nichtlineare Maßketten gilt nicht immer, dass Extremwerte der Einzelmaße zum Extremwert des Schlussmaßen führen! In unserem Beispiel ist dies jedoch gewährleistet, da eine monotone Abhängigkeit des Schlussmaßes von jedem Einzelmaß vorhanden ist.
  6. Konfiguration der Maßkette für den zweiten Extremwert des Schlussmaßes (im Beispiel: Größtmaß):
    • Es genügt ein Umschalten der für die Einzelmaße genutzten Extremwerte, wenn man mit Extremwerten arbeiten konnte. Das Umschalten erfolgt am Einfachsten in der Parameterliste!
    • Wichtig: Das Analyse-Modell mit der Konfiguration für den zweiten Extremwert (hier das Größtmaß der oberen Führungsweite) ist zu speichern, damit die Lösung jederzeit nachvollzogen werden kann (deshalb auch als Teil der Lösung einzusenden!).


Fragen:

  1. Wie groß sind das obere und das untere Abmaß der oberen Führungsweite bezogen auf das Nennmaß 12?
  2. Welche Maßnahmen in Hinblick auf Änderung von Toleranzen sind erforderlich, um die Toleranz der oberen Führungsweite kostengünstig zu halbieren (diese Toleranz soll dabei symmetrisch bleiben)?

Hinweis: Jeder sollte die zweite Frage mit dem bisherigen Wissen und ingenieurstechnischen Sachverstand rein qualitativ beantworten und die Antwort verbal begründen können. Für diejenigen, denen das schwerfällt, dienen folgende Annahmen, die eine eindeutige rechnerische Lösung ermöglichen:

Software CAD - Tutorial - Bauteil - Toleranzanalyse - Herstellungsprozess.gif
  • Jeder Arbeitsschritt, der zur Herstellung des Teils abgearbeitet werden muss, kostet 10€
  • Insgesamt sind sieben Arbeitsschritte notwendig, um das Bauteil (0.) zu vollenden:
    1. Vorbereitung Rohteil
    2. Nut Schaftfräser (12 mm)
    3. Nut Profilfräser
    4. Drehen Schaft
    5. Bohren längs
    6. Bohren quer
    7. Fasen und Rundungen
  • Die Grundkosten je Fertigungsschritt ändern sich entsprechend der Toleranzen, die dem jeweiligen Feature zugrunde liegen. Wenn mehrere Toleranzarten beachtet werden müssen, addieren sich die Prozentangaben. Folgende prozentuale Änderung der Grundkosten werden für die verschiedenen Toleranzarten angenommen:
Toleranzart Kostenänderung
DIN ISO 2768 - c -20%
DIN ISO 2768 - m 0%
DIN ISO 2768 - f +30%
keine Zusatzanforderung 0%
ISO (286) Toleranz +35%
freie Toleranz +80%
  • Mit diesen Angaben kann man konkrete Bauteilkosten berechnen und die günstigste Variante zweifelsfrei ermitteln.